Wie verändert Corona die Choreographie des Alltags?
Wie hat sich deine alltägliche Struktur verändert?
Da meine Partnerin Risikopatientin ist, waren wir schon vor dem Lockdown im Februar vorsichtiger und sind seitdem auch unabhängig von den jeweils geltenden gesetzlichen Bestimmungen sehr restriktiv. Ich war aber im Frühjahr/Sommer in between jobs, konnte somit viel zu Hause tätig sein und hatte Mitte des Jahres eine freiberufliche Tätigkeit, wo ich ebenfalls viel im Homeoffice erledigen konnte. Insofern war mein Berufsalltag nicht extrem von Corona geprägt. Doch das Bewegen in der Öffentlichkeit, das Abstandhalten und ständige Wachsamsein, das Wechseln der Straßenseite, wenn einem zu viele Personen auf dem Gehweg entgegen kommen – das hat meinen Alltag stark verändert.
Wie hat sich Corona und die damit einhergehenden Veränderungen auf deine Körperlichkeit ausgewirkt?
Das Spazierengehen durfte ich ausbauen – was ich sehr schätze –, aber ich vermisse das Sporttreiben, das ich als Tischtennisspieler eben nicht allein tun kann. Die fehlende Bewegung hat mich psychisch belastet und ich musste für mein Wohlbefinden zusätzlich körperlich aktiv sein, wie ich es eigentlich nicht mag: beim Joggen oder allein Rennradfahren.
Bewegst du dich durch Corona anders durch den Alltag? Wenn ja, wie?
Ja, ich überlege stark, wann und wo ich spazieren oder einkaufen gehe, welche Termine ich wie und in welchen Räumen wahrnehmen kann und so weiter. Ich koche auch sehr viel mehr, was ja auch eine Form der Bewegung ist. Früher sind wir häufiger essen gegangen. Das Treffen mit Freunden in der Öffentlichkeit st ebenfalls fast komplett weggefallen.
Was beobachtest du bei anderen Menschen an Bewegungsveränderungen oder Veränderungen in der Körperlichkeit?
Die Vernünftigen halten Abstand, die Unvernünftigen ignorieren das oder laufen bewusst sehr nahe an einem vorbei. Manche meiner Freunde berichten von Schwierigkeiten, körperlich fit zu bleiben. Speziell im Homeoffice erfolgt die Bewegung sehr eingeschränkt vom Frühstückstisch an den Schreibtisch und dann abends auf die Couch.
Was fehlt dir körperlich durch Corona?
Das Sporttreiben, vor allem aber das nicht durch Abstandsregeln reglementierte, ungezwungene Zusammensein mit Freunden an geselligen Orten wie Kneipen, Restaurants oder Clubs. 6. Welche körperlichen Aktivitäten oder Handlungen, die seit Corona aus dem Alltag verschwunden sind, fehlen dir überhaupt nicht? Lange Autofahrten in andere Städte zu Terminen. Da ist zwar wenig Bewegung involviert, hat mich aber körperlich immer angestrengt und tut es auch immer noch.
Fühlst du dich seit Ausbruch von Corona anderen Menschen näher oder ferner?
Ich fühle mich vielen Menschen ferner, vor allem meinen Freunden in anderen Städten, die ich seitdem nicht mehr besuchen kann. Für eine Paarbeziehung ist die verschriebene andauernde Nähe auch nicht immer ein Segen, sondern vielmehr Herausforderung.
Wann nimmst du andere Körper im Alltag als Bedrohung wahr?
Ja, beim stetigen Versuch, im öffentlichen Raum Abstand zu halten, vor allem beim Spazierengehen (in der Stadt) und beim Einkaufen.
Wann nimmst du deinen eigenen Körper als Bedrohung für andere wahr?
Gar nicht, da ich anderen Körpern im Alltag ausweiche.
Welche Elementaren Gewohnheiten haben sich für dich verändert und wie musst du umdenken?
Wieder das Sporttreiben in einer Mannschaft, einschließlich von regelmäßigen Wettkämpfen. Mir fehlt auch das nicht strukturierte Freizeitverhalten: Da ich stark konzeptuell und organisatorisch/ organisierend arbeite, ist es mir wichtig, in meiner Freizeit Inseln der Unstrukturiertheit zu haben. Das ist im Moment überhaupt nicht möglich und das belastet mich. Videotreffen bilden für mich da alles andere als einen Ersatz.
Was hat sich zwischenmenschlich/körperlich verändert?
Das holistische Erlebnis eines befreundeten Menschen geht verloren. Ich erlebe bis auf meine Partnerin nahezu niemanden mehr ganzheitlich – in der Umarmung, mit dem Händedruck, mit seinen/ihren Gerüchen, dem Empfinden der Körperwärme usw.
Was hat sich für dich Körperlich- zwischenmenschlich positiv verändert?
Die größere Nähe zu meiner Partnerin und die dadurch ausgelöste Beziehungsarbeit, die ich als wertvoll empfinde.